Mitarbeiterbeteiligungspläne: Eine scheinbar kleine Änderung mit grossen Auswirkungen für nicht-börsenkotierte Unternehmen

Seit dem 1. Januar 2021 gibt es eine auf den ersten Blick geringfügige Änderung bei der Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) hat am 30. Oktober 2020 eine Aktualisierung zum Kreisschreiben Nr. 37 «Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen» publiziert. Auf den ersten Blick erscheinen diese Anpassungen harmlos, jedoch führen diese zu einer erheblichen Anpassung der Besteuerung der Mitarbeiterbeteiligungen von Unternehmen, deren Aktien nicht an einer Börse kotiert sind.

Allgemeine Hinweise

Um die Mitarbeitenden am Ergebnis des Unternehmens (resp. Arbeitgeberin) zu beteiligen, führen viele Unternehmen sogenannte Mitarbeiterbeteiligungen ein. Diese Mitarbeiterbeteiligungen ermöglichen es den Mitarbeitenden, eine Beteiligung am Unternehmen, für welche sie ihre Arbeitsleistungen erbringen, zu erwerben und somit einen Teil davon zu besitzen. Die Beweggründe für die Herausgabe solcher Mitarbeiterbeteiligungsplänen sind in der Praxis vielfältig. Bei den Mitarbeiterbeteiligungen geht es nicht nur darum, die Mitarbeitenden entsprechend zu motivieren, aktiv am Erfolg des Unternehmens mitzuwirken, sondern auch darum, die Mitarbeitenden in einer gewissen Weise an das Unternehmen zu binden. Diese Bindung besteht darin, dass den Mitarbeitenden zu einem bestimmten Zeitpunkt eine zusätzliche Vergütung in Aussicht gestellt wird.

Faustregel: Die Differenz zwischen dem Preis, welcher die Mitarbeitenden allenfalls für den Erwerb der Beteiligung am Unternehmen zahlen, und dem massgeblichen Wert stellt Lohnbestandteil dar. Dieser generierte Lohn unterliegt der Schweizer Sozialversicherung sowie der Einkommensteuer. Während dieses Prinzip einfach erscheint, liegt die Schwierigkeit in der Bestimmung des sogenannten massgeblichen Werts. In der Theorie wird der massgebliche Wert durch den Marktwert repräsentiert. Bei börsenkotierten Mitarbeiteraktien gilt als Verkehrswert grundsätzlich der Börsenschlusskurs am Tage des Rechtserwerbs. Bei nicht-börsenkotierte Unternehmen ist die Ermittlung des Verkehrswertes jedoch viel komplexer.

In den vergangenen gab es unter den kantonalen Steuerverwaltungen keine einheitliche Praxis zur Besteuerung der Mitarbeiterbeteiligungspläne und somit wurde von gewissen Steuerverwaltungen eine schematische Bewertungsmethode des massgeblichen Verkehrswerts für nicht-börsenkotierte Unternehmen anerkannt. Diese Methode, auch bekannt als Praktikermethode, wird hauptsächlich verwendet, um den massgeblichen Wert von nicht börsennotierten Mitarbeiterbeteiligungen für die Besteuerung festzulegen. Aus Gründen der Praktikabilität wird bei dieser Methode angenommen, dass der Steuerwert dem Marktwert entspricht. Diese Methode und der sich daraus ergebende Wert ist sicherlich nicht perfekt, ermöglichte aber eine gewisse Stabilität und Vorhersehbarkeit der steuerlichen Behandlung von Mitarbeiterbeteiligungen.

Das ändert sich

Ab dem 1. Januar 2021 wird als massgeblicher Wert nur noch der Wert anerkannt, welcher im Rahmen einer wirtschaftlich massgebenden Transaktion realisiert wurde. Eine solche Transaktion liegt in der Regel vor, wenn die Beteiligungen zwischen Dritten für einen Wert verkauft wird, der über 10% des Kapitals des Unternehmens liegt, oder den Eintritt von unabhängigen Investoren. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der durch die sogenannte Praktikermethode ermittelte Wert nicht mehr wie zuvor dem Marktwert entspricht, sondern «lediglich» einem so genannter Formelwert. Dieser Formelwert muss verwendet werden, wenn kein Marktwert verfügbar ist. Grundsätzlich muss der Marktwert verwendet werden fall einen solchen vorliegt.

Die Verwendung des Formelwerts führt zu einer Präzisierung der Lebensdauer des Marktwerts von Mitarbeiterbeteiligungen von nicht-börsenkotierten Unternehmen. Dieser Wert darf nicht länger als 12 Monate seit der Ausgabe der Mitarbeiterbeteiligungen verwendet werden. So kann es sein, dass ein nicht-börsenkotiertes Unternehmen bei der Berechnung des massgeblichen Wertes der Mitarbeiterbeteiligungspläne unterschiedliche Methoden verwenden muss.

Eine weitere Änderung bei der Verwendung des Formlewerts für die Berechnung des massgeblichen Werts von Mitarbeiterbeteiligungen, ist dass der Wiederverkauf dieser Beteiligungen besteuert wird.

Das bedeutet, dass die Verwendung einer vereinfachenden Methode zur Festlegung eines Formelwerts - typischerweise die Praktikermethode - nicht mehr so einfach ist wie bisher. Die Änderungen sehen diverse Ausnahmen vor. Grundsätzlich ist nun in der Praxis zwischen folgenden zwei Szenarien abzuwägen:

  • eine Methode für die Berechnung des massgebenden Marktwerts verwenden, der die Steuerlast der Mitarbeitenden beim Eintritt in die Mitarbeiterbeteiligungspläne erhöht belastet, aber eine Aussicht auf einen steuerfreien Kapitalgewinn zur Verfügung stellt,

oder

  • eine Methode zur Berechnung des massgebenden Marktwerts verwenden, welcher die Steuerlast der Mitarbeitenden beim Eintritt in die Mitarbeiterbeteiligungspläne möglich geringhält, aber die Möglichkeit eines steuerfreien Kapitalgewinns ist dadurch gefährdet.

Inzwischen zwingen zahlreiche Feinheiten die Unternehmen dazu, die Methode für die Berechnung des Formelwerts zu verwenden, auch wenn dieser im Mitarbeiterbeteiligungsplan selbst nicht erwähnt wird. Zur Veranschaulichung: Für ein und dieselbe Person kann die Besteuerung beim Zeitpunkt des Erwerbs von Mitarbeiterbeteiligungen sowie beim Wiederverkauf unterschiedlich sein. Dies ist davon abhängig, zu welchem Zeitpunkt die Mitarbeiterbeteiligungen von der entsprechenden Person erworben wurden.

Diese Änderung führt dazu, dass die Pflichten der Unternehmen sowie die Vorhersehbarkeit der Steuerlast der Mitarbeitenden komplexer werden. Nunmehr besteht Ungewissheit über die Höhe der Steuerlast zum Zeitpunkt des Erhalts dieser Mitarbeiterbeteiligungen sowie über die Art und Weise, wie ein möglicher Wiederverkauf derselben steuerlich behandelt wird. Diese Komplexität ist nicht nur bei den Unternehmen gegeben, sondern auch auf Stufe der Mitarbeitenden. Diese haben wie die Unternehmen diverse Pflichten im Zusammenhang mit Mitarbeiterbeteiligungspläne. Der Arbeitgeber ist insbesondere dazu verpflichtet, die Höhe des dadurch gewährten Steuervorteils zu bestimmen und gegebenenfalls die schweizerischen Sozialabgaben und die entsprechende Quellensteuer darauf abzurechnen.

Allerdings gibt es im Zusammenhang mit den Änderungen ebenfalls auch neue Möglichkeiten, insbesondere im Rahmen von Start-ups oder auch bei Unternehmen, welche lokal stark verankert sind und somit über eine hohe Stabilität ihrer Geschäftstätigkeiten verfügen. Die Mitarbeiterbeteiligungspläne selbst können überarbeitet werden, um den Herausforderungen sowie den Bedürfnissen des Unternehmens zu entsprechen. Es empfiehlt sich daher für Unternehmen mit Mitarbeiterbeteiligungspläne zu prüfen, ob diese die Änderungen des Kreisschreiben Nr. 37 «Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen» einhalten. Zudem ist es notwendig, die Mitarbeitenden über die Änderungen wie auch deren entsprechenden steuerlichen Folgen aufzuklären. Es ist davon auszugehen, dass die Steuerbehörden ihre Praxis in Zukunft weiterentwickeln werden.

Beitrag von Isabelle Bugnon und Deborah Joye