Emissionsabgabe und Quasifusion

Im aktuellen Entscheid BVGer A-1121/2020 vom 30. Juni 2021 diskutierte und entschied das Bundesverwaltungsgericht, ob auf einer bestimmten Transaktion die Erhebung einer Emissionsabgabe geschuldet sei oder ob die Ausnahme im Sinne einer Quasifusion zur Anwendung gelangt gemäss Art. 6 Abs. 1 lit. abis des Stempelabgabegesetzes (StG, SR 641.10 vom 27. Juni 1973).

Der vorliegende Beitrag soll einen kurzen Einblick in die Emissionsabgabe gewähren und Unternehmen aufzeigen auf was sie achten sollten bei einer möglichen Umstrukturierung. 

Überblick zur Emissionsabgabe

Die sog. Emissionsabgaben werden durch die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) unter anderem auf der entgeltlichen und auch der unentgeltlichen Begründung und der Erhöhung des Nennwerts von Beteiligungsrechten in der Form von Aktien inländischer Aktiengesellschaften (AG) und Stammanteilen inländischer Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) erhoben (Art. 1 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 und 2 StG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 lit. a Lemma 1 und 2). Gemäss Rechtsprechung spielt es dabei keine Rolle, ob die Beteiligungsrechte gegen Bareinlage, Sacheinlage oder in Verrechnung mit Gesellschaftsschulden begründet werden. Für Beteiligungsrechte ist die Gesellschaft abgabepflichtig (Art. 10 Abs. 1 StG). Die Emissionsabgabe wird grundsätzlich auf der Ausgabe von Wertpapieren geschuldet und beträgt 1% des Ausgabebetrages, welche i.d.R. 30 Tage nach der Entstehung der Abgabeforderung fällig wird (Art. 8 i.V.m. Art. 11 StG). Unter gewissen Umständen sind Beteiligungsrechte, die im Zusammenhang mit Fusionen oder diesen wirtschaftlich gleichkommenden Zusammenschlüssen wie z.B. Quasifusionen begründet oder erhöht werden, von der Emissionsabgabe ausgenommen.

Der Bund nahm im Jahr 2019 durch die Stempelabgaben CHF 2.2 Milliarden ein. Von verschiedenen Seiten wurde eine Reform des bald hundertjährigen Abgabensystems bis hin zu dessen Abschaffung gefordert. Erste Anpassungen wurden bereits vorgenommen. Im Juni dieses Jahres hat die Vereinigte Bundesversammlung beschlossen, die Emissionsabgabe abzuschaffen. Das Referendum wurde bereits eingereicht und die Volksabstimmung wird voraussichtlich im Jahr 2022 stattfinden. 

Aktueller Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts

Dem eingangs erwähnten Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die X AG als übernehmende Gesellschaft schloss mit der Y AG zwei «Shareholders Agreements» ab. Die X AG erwarb von der Y AG 70% ihrer Beteiligung an einer ausländischen juristischen Person (Z LLC) für rund CHF 22.5 Mio. Für diese Finanzierung gewährte die Y AG der X AG ein Darlehen in derselben Höhe. Im Falle der Nichtrückzahlung des Darlehens vereinbarten die beiden Parteien, dass die X AG neue Aktien an die Y SA ausgeben kann und eine Kapitalerhöhung durchgeführt wird. Rund 10 Monate nach dem Kauf der Beteiligungen an der Z LLC, führte die X AG eine Kapitalerhöhung durch. Das Aktienkapital der X AG wurde um CHF 20 Mio., durch Verrechnung des gewährten Darlehens der der Y AG, erhöht. Die Y AG erhielt eine Beteiligung von 93.68% an der X AG. Die ESTV forderte die Entrichtung der Emissionsabgabe in der Höhe von 1% auf der Kapitalerhöhung der X AG von CHF 20 Mio. Die ESTV argumentierte dahingehend, dass durch den Erwerb der X AG an der Beteiligung von 70% an der Z LLC eine echte Veräusserung der Beteiligung stattgefunden habe, durch Gewährung eines Darlehens der Y AG an die X AG. Gemäss der Argumentation der ESTV falle eine solche Veräusserung nicht unter den Tatbestand einer steuerneutralen Umstrukturierung. Diese Argumentation begründet sie weiter mit der Tatsache, dass die Übertragung der Beteiligung an der Z LLC und die neu geschaffenen Beteiligungsrechte an der X AG erst 10 Monate nach dem Erwerb stattgefunden habe und somit nicht Zug um Zug erfolgt sei. Praxis von der ESTV geht in der Regel davon aus, dass ein Zeitraum von 3 Monaten zeitnah ist. Dieser Zeitraum ist zur Sicherheit jedoch im Einzelfall vorgängig mit der ESTV abzuklären resp. sofern möglich zusammen mit dem Ruling zu regeln. 

Das Bundesverwaltungsgericht hatte zu entscheiden, ob vorliegend der Ausnahmetatbestand einer Quasifusion zur Anwendung gelangt, wonach die Abgabe der Emissionsabgabe nicht geschuldet wäre, wie es durch die X AG vorgebracht wurde. Eine Quasifusion liegt gemäss konstanter Rechtsprechung und Verwaltungspraxis vor, wenn die übernehmende Gesellschaft gegenüber der übernommenen Gesellschaft eine beherrschende Stellung einnimmt. Das heisst, sie hält mindestens 50% der Stimmrechte an der übernommenen Gesellschaft hält und höchstens 50% des effektiven Werts der übernommenen Beteiligungsrechte werden gutgeschrieben oder ausbezahlt. Eine Quasifusion erfordert immer eine Kapitalerhöhung bei der übernehmenden Gesellschaft unter Ausschluss der Bezugsrechte der bisherigen Gesellschafter und einen Aktientausch bei den Gesellschaftern der übernommenen Gesellschaft. 

Das Bundesverwaltungsgericht teilte die Argumentation der ESTV. Die Quintessenz der Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts befindet sich in den Erwägungen 3.2 ff. 

Unter anderem wurde darauf abgestellt, dass der zivilrechtlich bindende Wortlaut des abgeschlossenen Vertrages zwischen der X AG und der Y AG von einer «Veräusserung» der Beteiligung an der Z LLC spricht. Sogleich war die Ausgabe der Aktien nicht von Anfang an als notwendiger Schritt zwischen den beiden Parteien beabsichtigt, sondern nur für den Fall, dass die Y AG der X AG das gewährte Darlehen nicht zurückzahlen kann. Aus denselben Gründen bestehe zwischen der Kapitalerhöhung und dem Erwerb der Beteiligung an der Z LLC kein enger sachlicher Zusammenhang, dass noch von einem einheitlichen Umstrukturierungsvorgang gemäss des Ausnahmetatbestands von Art. 6 Abs. 1 lit. abis StG gesprochen werden kann. Auf das Argument der ESTV, dass die Kapitalerhöhung nicht zeitnah, sondern 10 Monate später stattfand und es deshalb an einer Übertragung «Zug um Zug» fehlt, ging das Bundesverwaltungsgericht nicht näher ein. Zudem ergibt sich aus den Kapitalerhöhungsberichten, dass das Bezugsrecht der bisherigen Aktionäre nicht ausgeschlossen wurde. 

Die Beschwerde der X AG wurde deshalb abgewiesen und die Emissionsabgabe von 1% ist auf der Kapitalerhöhung in der Höhe von CHF 20'000'000.00 zzgl. Verzugszins sind demnach geschuldet.

Zu treffende Massnahmen

Aufgrund des ergriffenen Referendums kann davon ausgegangen werden, dass die Emissionsabgaben in absehbarer Zeit noch nicht – wenn überhaupt – abgeschafft werden. Aus diesem Grund ist nach wie vor empfohlen, die Steuerfolgen von einer solchen Transaktionen zu prüfen und vor Umsetzung ein entsprechendes Steuer-Ruling (Vorbescheid) vorgängig bei der ESTV einzuholen.

Beitrag von Dominique Roggo und Susanne Gygax

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