Steuervorlage 17 – der erste Schritt

Aus der Unternehmenssteuerreform III („USR III“) wird die Steuervorlage 17 („SV 17“). Nach der Ablehnung der Vorlage zur USR III am 12. Februar 2017 durch das Schweizer Volk hat der Bundesrat die Ausarbeitung eines neuen Massnahmenpakets unter dem Titel SV 17 an die Hand genommen. Er hat unter anderem ein Steuerungsorgan aus Vertretern von Bund und Kantonen eingesetzt, welches nun am 1. Juni 2017 Empfehlungen zur SV 17 abgegeben hat. Wir beleuchten anhand der Empfehlungen des Steuerungsorgans sowie der verworfenen Massnahmen zur USR III wie der Inhalt der SV 17 nach der Beratung im Parlament aussehen könnte.
  • Abschaffung der privilegierten Steuerregimes

Das Steuerungsorgan empfiehlt die Abschaffung der priviliegierten Steuerregimes (Holding, Verwaltungsgesellschaft, gemischte Gesellschaft) sowie gewisser Besteuerungsmodalitäten auf Bundesebene (Finance Branch/company, Principalgesellschaft).  Die Privilegien stehen im Gegensatz zu den internationalen Besteuerungsgrundsätzen der OECD. Die Schweiz hat sich gegenüber der OECD und der EU verpflichtet ihre Besteuerungspolitik anzupassen. Es ist unbestritten, dass die  Steuerregimes im Rahmen der SV 17 abgeschafft werden.

  • Erhöhung des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer

In der Vorlage zur USR III war vorgesehen, den Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer von zurzeit 17% auf 21% zu erhöhen. Dies um die Steuerausfälle der Kantone zu glätten und ihnen einen gewissen Handlungsspielraum bei der Senkung der Gewinnsteuersätze zu gewähren. Das Steuerungsorgan empfiehlt den Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer in der SV 17 von 17% auf 21.2% zu erhöhen. Nach unserer Ansicht wird  die SV 17 eine Erhöhung des Kantonsanteils auf mindestens 21% vorsehen.
Das Steuerungsorgan empfiehlt ebenfalls eine Klausel in die SV 17 einzufügen, wonach Städte und Gemeinden im Zusammenhang mit der Erhöhung des Kantonsanteils an der Bundessteuer zu berücksichtigen sind.

  • Einführung einer Patentbox auf kantonaler Ebene

In der Vorlage zur USR III war vorgesehen, dass die Kantone den Erfolg aus Patenten und vergleichbaren Rechten bis maximal 90 % von der kantonalen Gewinnsteuer befreien konnten. Das Steuerungsorgan empfiehlt in der SV 17 die Einführung einer obligatorischen Patentbox gemäss OECD-Standard auf kantonaler Ebene. Unserer Ansicht nach wird  die SV 17 eine obligatorische Patentbox-Regelung auf kantonaler Ebene enthalten. Die Entlastungsgrenze wird politisch noch Anlass zu Diskussionen geben.

  • Einführung eines „ Über-Abzugs " für Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen (F&E) auf kantonaler Ebene

In der Vorlage zur USR III war vorgesehen, dass die Kantone einen optionalen Abzug auf Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen bis maximal 150 % der effektiven im Inland angefallenen F+E Kosten zulassen können. Das Steuerungsorgan empfiehlt die Einführung einer gleichen Regelung in der SV 17. Die Abzüge sollen sich jedoch hauptsächlich auf den Personalaufwand fokussieren. Nach unserer Meinung wird  eine entsprechende Regelung für einen F&E „Über-Abzug“ in die SV 17  aufgenommen.  Der Prozentsatz wird politisch noch Anlass zu Diskussionen geben.

  • Beschränkung der gesamten steuerlichen Ermässigungen auf kantonaler Ebene

In der Vorlage zur USR III war vorgesehen, dass die gesamten steuerlichen Ermässigungen auf kantonaler Ebene aus Patentbox, F&E „Über-Abzug", zinsbereinigter Gewinnsteuer und systematischer Aufdeckung der stillen Reserven den steuerbaren Gewinn um nicht mehr als 80 % reduzieren dürften. Das Steuerungsorgan empfiehlt  die steuerliche Entlastung durch die zwei von ihr vorgeschlagenen Massnahmen (Patentbox, Überabzug von F&E Kosten) auf maximal 70% zu begrenzen.  Es ist nach unserer Ansicht davon auszugehen, dass eine solche Regelung auch in der SV 17 Eingang finden wird. Der Prozentsatz wird politisch noch Anlass zu Diskussionen geben.

  • Einführung einer zinsbereinigten Gewinnsteuer („Notional Interest Deduction- NID“) auf Bundesebene und freiwillig auch auf kantonaler Ebene

In der Vorlage zur USR III wurde vorgeschlagen, dass die Kantone einen optionalen kalkulatorischen Zins auf Sicherheitseigenkapital zulassen können. Die NID wurde erst am Ende des Gesetzgebungsverfahrens zur USR III wieder aufgenommen und von den Gegnern der USR III stark kritisiert. Das Steuerungsorgan hat zum NID keine Empfehlung formuliert. Da der NID politisch stark umstritten ist, scheint es unserer Meinung nach unwahrscheinlich, dass eine NID -  auch nicht in abgeschwächter Form – in die SV 17 Eingang finden wird.

  • Einführung einer systematischen Aufdeckung stiller Reserven („step-up“)

In der Vorlage zur USR III war vorgesehen, dass bei Beginn und Beendigung der Steuerpflicht in der Schweiz die stillen Reserven in der Steuerbilanz systematisch aufgedeckt und auch steuerwirksam abgeschrieben werden können. Das Steuerungsorgan hat zum „step-up“ keine Empfehlung formuliert. Diese Massnahme hängt mit der Abschaffung der Steuerregimes zusammen und sollte nach unserer Ansicht vermutlich auch in der SV 17 Eingang finden.

  • Senkung der kantonalen Kapitalsteuer

In der Vorlage zur USR III war vorgesehen, dass die Kantone in Bezug auf bestimmte Vermögenswerte die Kapitalsteuer senken können. Das Steuerungsorgan hat zur Senkung der kantonalen Kapitalsteuer keine Empfehlung formuliert. Aus unserer Sicht ist davon auszugehen, dass eine solche Regelung nochmals ins Gespräch kommen wird.

  • Dividenden-Teilbesteuerung

In der Vorlage zur USR III war im Zusammenhang mit der NID vorgesehen, die Besteuerungsquote bei Dividenden auf mindestens 70% zu erhöhen. Das Steuerungsorgan empfiehlt  die Besteuerungsquote bei Dividenden sowohl bei der direkten Bundessteuer als auch bei den Kantons- und Gemeindesteuern auf mindestens 70% zu erhöhen.  Nach unserer Ansicht ist davon auszugehen, dass die steuerbare Quote im Rahmen der SV 17 auf mindestens 70% erhöht wird. Der Prozentsatz wird jedoch politisch noch Anlass zu Diskussionen geben.  

  • Senkung der kantonalen Steuersätze

Vor der Volksabstimmung vom 12. Februar 2017 hatten bereits 19 von 26 Kantonen Steuersatzsenkungen angekündigt. Grundsätzlich sind die bereits kommunizierten kantonalen Gewinnsteuersatzsenkungen von der SV 17 nicht betroffen. Abgesehen vom Kanton Waadt hat noch kein Kanton eine Senkung beschlossen. Es ist deshalb offen, ob einzelne Kantone die Senkungen unabhängig von der SV 17 weiterverfolgen oder den neuen Vorschlag abwarten werden.

Als Begleitmassnahme zur SV 17 empfiehlt das Steuerungsorgan die Mindesthöhe der Kinder- und Ausbildungszulagen auf CHF 230 bzw. CHF 280 zu erhöhen. Diese Begleitmassnahme wird sowohl vom Grundsatz als auch von der Höhe her politisch noch Anlass zu Diskussionen geben.

Der Bundesrat will im Laufe des Monats Juni 2017 über die Empfehlungen des Steuerungsorgans befinden. Danach soll das Eidgenössische Finanzdepartement eine Gesetzesvorlage erarbeiten, für welche die Vernehmlassung bis Dezember 2017 abgeschlossen sein soll. Die Verabschiedung der Botschaft zuhanden des Parlaments ist im Frühjahr 2018 vorgesehen. Das Steuerungsorgan ist der Meinung, dass die Kantone ihre Umsetzungsprojekte parallel zur Bundesvorlage vorantreiben sollen, was die Kantone zur Verkürzung ihrer üblichen Gesetzgebungsfristen zwingen soll. Nach dem Willen des Bundesrates soll die SV 17 bereits im Jahr 2020 in Kraft treten. Dies bedingt, dass das Parlament im Rahmen seiner Beratungen sehr rasch zu einem Konsens über die neue Vorlage kommt.  

Aufgrund dieser neuen Entwicklungen und des für die SV 17 vorgesehenen Zeitrahmens lohnt es sich als Unternehmung das Geschehen zeitnah zu verfolgen und sich Überlegungen zu allfälligen Auswirkungen zu machen.