Finanzsektor als ein Hauptakteur

Handelszeitung - 7. Februar 2019
Stefan Müller und Audrey Cauchet von Mazars
Corporate Social Responsibility: Produktpalette für nachhaltige Investments hat sich mit dem intensivierten Dialog ausgeweitet.

Die Corporate Social Responsibility (CSR) beziehungsweise die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen ist kein neues Konzept. Das Thema hat einen vielschichtigen Charakter, der gesellschaftliche, wirtschaftliche, umwelttechnische und ethische Aspekte umfasst. Der Finanzsektor ist ein wichtiger Akteur in dieser Entwicklung und die Produktpaletten für nachhaltige Investments sind in jüngster Vergangenheit sprunghaft angestiegen.

Steigendes Kundenbedürfnis
Zudem wächst das Bewusstsein von privaten und institutionellen Anlegern gegenüber Nachhaltigkeitsthemen stetig. Schweizer Finanzinstitute haben dies zum Anlass genommen, sich dieser Themen nicht nur im Anlegerumfeld anzunehmen. Zur Imagepflege stellen sie auch Themen wie Lohngleichheit, Arbeitsgesundheit, Unternehmenskultur in den Fokus. Dazu kommt, dass der Finanzsektor durch gezielte Engagements und Finanzierungen auf globaler Ebene sehr viel bewirken kann.

Mit der sogenannten CSR-Berichterstattungsrichtlinie bestehen in der EU bereits heute Mindestvorgaben bezüglich einer verpflichtenden Berichterstattung über nichtfinanzielle Informationen für grosse Unternehmen von öffentlichem Interesse. Dazu gehören beispielsweise börsenkotierte Unternehmen sowie Banken und Versicherungsgesellschaften mit mehr als 500 Mitarbeitenden. Diese Unternehmen sollen in ihren Lageberichten zusätzlich Informationen über ihre Aktivitäten in Bezug auf die Aspekte Umwelt, soziale und Arbeitnehmerbelange, Menschenrechte, Bekämpfung von Korruption und Diversität in den Leitungs- und Kontrollorganen offenlegen.

Im Gegensatz zu den europäischen Gesetzgebern sehen die Schweizer Behörden bislang von der Einführung solcher Richtlinien ab. Dabei sollte jedoch nicht ausser Acht gelassen werden, dass auch die Schweizer Wirtschaft Teil der globalisierten Welt ist. Daher müssen die regulatorischen Entwicklungen auf europäischer und internationaler Ebene berücksichtigt werden. Die Einführung von Regulierungsstandards ist dabei jedoch nicht die einzig mögliche Massnahme. Ein weiteres wirksames Vorgehen für die Schweiz könnte die Umsetzung von Empfehlungen auf freiwilliger Basis sein. So hat der Bundesrat 2014 die Schaffung der Swiss Sustainable Finance (SSF) unterstützt, deren Ziel die Berücksichtigung der ESG-Kriterien (Environmental, social and corporate governance) im Finanzbereich ist.

Ein solches Paradigma erfordert folglich die Einbeziehung sämtlicher Akteure: Finanzinstitute, Versicherer, private oder institutionelle Anleger, Vermögensverwalter, Kunden und so weiter. Betrachtet man den schweizerischen Bankensektor, so gibt es schon heute einige Akteure, die bereits gezielte Berichte über ESG-Kriterien oder verantwortungsvolle Investitionen publizieren. Bislang gehören sie jedoch zu einer Minderheit. Eine im Jahr 2017 vom World Wide Fund (WWF) durchgeführte Benchmarking-Studie bei Schweizer Retailbanken zeigte auf, dass die nachhaltige Governance bei Schweizer Retailbanken relativ gut verankert ist. In den Bereichen Anlagen und Finanzierung sind die Schweizer Retailbanken bezüglich des konsequenten Einbezugs von Umweltaspekten jedoch noch nicht sehr weit fortgeschritten. Die fehlende Berichterstattung im Nichtfinanzbereich ist jedoch nicht mit einem mangelnden Engagement der Schweizer Banken gleichzusetzen. Zahlreiche Banken haben ihre eigenen internen Umweltreferenzsysteme entwickelt, um den Anteil grüner Anlagen in den Portefeuilles ihrer Kunden zu ermitteln. Darüber hinaus wurde der SXI Switzerland Sustainability 25 Index eingeführt, welcher die 25 Aktien aus dem SMI mit der höchsten Nachhaltigkeitsleistung umfasst.

Schweizer Banken aktiv
Aktuelle Diskussionen auf wirtschaftlicher und politischer Ebene lassen eine allgemeine Sensibilisierung und damit einhergehende grundlegende Veränderung erkennen. Von den jüngsten Fortschritten ist die bis zum 31. Mai 2019 laufende Vernehmlassung betreffend Principles for Responsible Banking der UNEP FI (United Nations Environment Programme – Finance Initiative), eine Partnerschaft zwischen der Vereinten Nationen und dem globalen Finanzsektor, zu erwähnen. Diese Richtlinien haben zum Ziel, den Anlegern den Mehrwert der nachhaltigen Investments aufzuzeigen. Zu den Mitgliedern gehören auch einige Schweizer Banken. Solche Initiativen werden das Informationsgefälle reduzieren. Es ist daher von wesentlicher Bedeutung, dass das gesamte Wirtschaftssystem an dieser Veränderung partizipiert und die verschiedenen Finanzakteure dazu anregt, sich nicht nur mit ihrem Peer-Netzwerk auszutauschen, sondern auch den Dialog mit nichtstaatlichen Verbänden und Organisationen zu pflegen. Gemeinsame Gespräche und Überlegungen werden der Branche den Weg für ein verantwortungsvolles und nachhaltiges Handeln ebnen.