Pillar 2 | Die Schweiz positioniert sich für ein Inkrafttreten der Vorlage am 1. Januar 2024

Das Inclusive Framework der OECD und der G20 zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft haben sich rund 140 Länder auf eine Mindestbesteuerung von 15% für grossen, international tätigen Unternehmen geeinigt. Dieses Projekt stellt eine der wichtigsten Reformen im Bereich der internationalen Besteuerung der letzten Jahre dar. Auf die involvierten Mitgliedländern und die betroffenen steuerpflichtigen Personen warten zahlreiche Herausforderungen bei der Umsetzung und Bestimmung dieser Zusatzsteuer.

Die OECD wird in den nächsten Monaten voraussichtlich weitere, ergänzende Informationen in diesem Zusammenhang veröffentlichen, um noch offen gelassene Punkte zu klären. In Bezug auf den zeitlichen Ablauf wurde vereinbart, dass diese historische Reform im Jahre 2024 in Kraft treten soll, ein Jahr nach dem ersten Zeitplan, der von der OECD veröffentlicht wurde.

Erinnerung an die wichtigsten Regeln der Säule 2

Betroffene Gruppen

Das System der Mindestbesteuerung grossen, international tätigen Unternehmen beruht auf einem Modell, das als «Global Anti-Base Erosion Model Rules» oder «GloBE-Rules» bezeichnet wird. Dieses Modell soll sicherstellen, dass grosse multinationale Unternehmen eine Mindeststeuer auf die Gewinne zahlen, die sie in jedem Staat, in der sie geschäftlich tätig sind, erwirtschaften. Steuerpflichtige Personen, die keine Präsenz im Ausland haben oder den Schwellenwert von EUR 750 Millionen Umsatz nicht erreichen, sind von diesem Vorhaben nicht betroffen. Es sei darauf hingewiesen, dass dieser Schwellenwert gemäss BEPS-Aktion 13 (Country-by-Country-Reporting - CbCR) festgelegt wird, um die Verwaltungsaufgaben der betroffenen Steuerpflichtigen bei der Umsetzung der GloBE-Regeln so weit wie möglich zu erleichtern.

Ausnahmen

Im Zusammenhang mit den GloBE-Regeln bestehen gewisse Ausnahmen. Staatliche Einrichtungen, internationale Organisationen, Organisationen ohne Erwerbszweck und Pensions- oder Investmentfonds, die die obersten Muttergesellschaften eines multinationalen Konzerns sind, oder von solchen Einrichtungen, Organisationen oder Fonds genutzte Holding-Vehikel unterliegen nicht den GloBE-Regeln. Von den GloBE-Regeln ausgenommen sind auch Einkünfte aus der internationalen Schifffahrt gemäss der Definition dieser Einkünfte im OECD-Musterabkommen. Die GloBE-Regeln sehen zudem eine De-minimis-Ausnahme für Staaten und Gebiete vor, in denen sich die Umsatzerlöse des multinationalen Unternehmens auf weniger als EUR 10 Millionen und die Gewinne auf weniger als EUR 1 Millionen belaufen.

Berechnungen und Meldung

Wenn eine grosse Unternehmensgruppe der Mindestbesteuerung unterliegt, muss der effektive Steuersatz in jedem Staat, in der eine Geschäftstätigkeit ausgeübt wird, berechnet werden, um sicherzustellen, dass der effektive Steuersatz (pro Staat) mindestens 15% beträgt. Wird dieser Schwellenwert in einer der betroffenen Rechtsordnungen nicht erreicht, so ist nach der Hauptregel der Staat, in dem die oberste Muttergesellschaft des Konzerns ansässig ist, für die Berechnung und Erhebung dieser zusätzlichen Steuer zuständig (Hauptregel zur Einbeziehung von Einkommen).

Was die Berichtspflichten betrifft, so muss der Konzern, welcher der Mindeststeuer unterliegt, eine GloBE-Berichterstattung auf jährlicher Basis einreichen – Frist 15 Monate nach dem letzten Tag des Geschäftsjahres. Die erste Erklärung muss innerhalb von 18 Monaten nach dem letzten Tag des Geschäftsjahres eingereicht werden. Ein Konzern, der seinen Abschluss am 31. Dezember macht, muss seine erste GloBE-Berichterstattung also grundsätzlich am 30. Juni 2026 entsprechend einreichen.

Was ist der aktuelle Stand bezüglich Umsetzung der neuen OECD-Richtlinien in der Schweiz?

Zur Erinnerung: In der Schweiz werden circa 200 Unternehmen und eine bedeutende Anzahl von Schweizer Tochtergesellschaften ausländischer Konzerne von den OECD-Richtlinien betroffen sein.

Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Schweiz perfekt auf den Zeitplan ausgerichtet, der eine Einführung der GloBE-Regeln im Jahr 2024 vorsieht.

Am 22. Juni 2022 veröffentlichte der Bundesrat seine Botschaft zum Bundesbeschluss über die Mindeststeuer grossen, international tätigen Unternehmen. Innerhalb von weniger als 6 Monaten, nämlich am 16. Dezember 2022, verabschiedete das Parlament den Beschluss und bestätigte damit den Wunsch nach einer nicht rückwirkenden Umsetzung per 1. Januar 2024.

Der Bundesrat hat beschlossen, die Umsetzung der Mindeststeuer in das Schweiz Steuersystem schrittweise vorzunehmen. In einem ersten Schritt soll eine Verfassungsänderung (Artikel 129a der Bundesverfassung vom 18. April 1999; SR 101 [BV]) eingeführt werden, um eine differenzierte Unternehmensbesteuerung in der Schweiz für grosse Konzerne zu ermöglichen. Ausserdem soll in Artikel 27 BV eine neue Ziffer 15 eingefügt werden, die den Bundesrat ermächtigt, die Modalitäten der Mindeststeuer auf dem Wege einer provisorischen Verordnung einzuführen. Diese neue Verordnung wird die technische Umsetzung der Mindeststeuer umfassend festlegen, die dann mit dem Inkrafttreten des eines neuen Bundesgesetzes, das die Besteuerung dieser Unternehmen regelt, hinfällig wird. In den Grundzügen übernimmt die Verordnung die Standardregeln des OECD/G20-Projekts zur Mindeststeuer durch Verweis auf diese, wobei die Verteilung innerhalb der Kantone an den Einnahmen aus dieser zusätzlichen Steuer präzisiert wird. Nach dem Beschluss ist vorgesehen, dass 75% der Einnahmen den Kantonen zufallen, wobei diese die Gemeinden angemessen berücksichtigen müssen.

Jede Änderungen der Bundesverfassung setzt ein obligatorisches Referendum voraus. Der Text des Beschlusses wird daher am 18. Juni 2023 dem Volk und Ständen zur Abstimmung vorgelegt.

Fokus auf die Europäische Union

Am 16. Dezember 2022 verabschiedeten die EU-Mitgliedstaaten eine Richtlinie zur europaweiten Umsetzung der Säule-2-Regeln gestützt auf das Recht der EU. Diese Richtlinie muss bis zum 31. Dezember 2023 in das nationale Recht der einzelnen Mitgliedsstaaten umgesetzt werden und gilt für Steuerperioden, die am oder nach dem 31. Dezember 2023 beginnen.

Neueste OECD-Veröffentlichung – Vereinbarte Verwaltungsanweisungen zu den GloBE-Regeln

Am 2. Februar 2023 wurden die ersten Verwaltungsanweisungen zu den GloBE-Regeln der Säule 2 veröffentlicht, die in die überarbeitete Fassung des Kommentars (Fassung vom März 2022) aufgenommen wurden. Ziel dieser Verwaltungsanweisungen ist es, koordinierte Ergebnisse zu erzielen und den Unternehmen mehr Sicherheit zu bieten, wenn sie ab 2024 die Regeln für die globale Mindeststeuer auf Unternehmensgewinne umsetzen.

Im Rahmen dieser ersten Veröffentlichung werden Präzisierungen vorgenommen, die von den Mitgliedern des Inclusive Framework als wichtig erachtet wurden, insbesondere zur Funktionsweise der zur qualifizierten inländischen Top-Up Tax («Qualified Domestic Minimum Top-Up Tax» [QDMTT]), zum Anwendungsbereich der GloBE-Regeln oder zu Fragen im Zusammenhang mit der Aufteilung von Steuern, die sich aus gemischten Steuersystemen für beherrschte ausländische Unternehmen («Controlled Foreign Company» [CFC]) ergeben. Ein Abschnitt ist auch der Anwendung der GloBE-Regeln für Versicherungsgesellschaften gewidmet.

Im Laufe dieses Jahres 2023 und um den Zeitplan für die Umsetzung der Mindeststeuer einzuhalten, wird der Inclusive Framework die Ausarbeitung neuer Anweisungen in Betracht ziehen, sofern Präzisierungen erforderlich sind. Ziel ist es, dass die GloBE-Regeln koordiniert umgesetzt und angewendet werden können.