Neues Aktienrecht: Anpassung der Statuten Ihrer AG / GmbH in weniger als zwei Jahren

Die neuen Bestimmungen des Aktienrechts, welche am 1. Januar 2023 in Kraft getreten sind, zielen insbesondere darauf ab, die Gründungs- sowie Kapitalvorschriften flexibler zu gestalten und das Führen des nominellen Kapitals in Fremdwährungen zu erlauben. Die Unternehmen haben nun zwei Jahre Zeit (bis zum 1. Januar 2025), ihre Statuten an das neu geltende Recht anzupassen.

Weil nun sämtliche Bestimmungen zu den übermässigen Vergütungen auf Gesetzesstufe geregelt sind, hebt der Bundesrat zudem die Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften (VegüV; SR 221.331) vom 20. November 2013 auf den 1. Januar 2023 vollständig auf.

Überblick über die wesentlichen Änderungen

Thema

Überblick

Zu ergreifende Massnahmen und Steuern

Kapitalband

Durch die Einführung des sog. Kapitalbands kann in Zukunft die Generalversammlung (GV) den Verwaltungsrat (VR) ermächtigen, das Aktienkapital innerhalb einer bestimmten Bandbreite wiederholt herauf- und herabzusetzen, allerdings muss bei einer Herabsetzung mindestens die Pflicht zur eingeschränkten Revision bestehen (kein Opting-out). Eine GmbH kann das Kapitalband nicht einführen. Ziel dieses neuen Instruments ist es das Verfahren der Kapitalerhöhung und Kapitalherabsetzung zu erleichtern sowie gleichzeitig den Schutz der Gläubiger zu gewährleisten. Auf diese Weise wird die Finanzierung neuer Expansionsprojekte, der Eintritt neuer Aktionäre oder die Rekapitalisierung im Falle finanzieller Schwierigkeiten erleichtert. Die bisherige genehmigte Kapitalerhöhung wurde durch das Kapitalband abgeschafft.

Für weitere Informationen verweisen wir Sie auf unseren Tax e-newsletter vom März 2022 «Revision des Aktienrechts: Auf dem Weg zu einer flexiblen Finanzierung!».

Nominelles Kapital in Fremdwährung (Funktionalwährung)

Führung des nominellen Kapitals in einer für die Geschäftstätigkeit wesentlichen ausländischen Währung (Funktionalwährung) für eine AG und GmbH. Nicht anwendbar für die Genossenschaft.

Bei einer AG muss der Gegenwert zum Zeitpunkt des Errichtungsaktes min. CHF 100'000.00 betragen (der aktuelle Tageskurs ist massgebend). Bei der Errichtung einer GmbH wären dies min. CHF 20'000.00.

Der Wechsel des nominellen Kapitals zu einer wesentlichen ausländischen Währung bedingt eine Anpassung der Statuten der Gesellschaft. Mit der Anmeldung zur Eintragung eines Wechsels der Währung des Kapitals müssen dem zuständigen Handelsregisteramt u.a. die öffentliche Urkunde über den Beschluss der GV/Gesellschafterversammlung, öffentliche Urkunde über den Beschluss des VR/Geschäftsführers sowie die angepassten Statuten eingereicht werden.

Der Wechsel der Funktionalwährung kann entweder prospektiv auf den Beginn des nächsten Geschäftsjahrs oder retrospektiv auf den Beginn des laufenden Geschäftsjahrs erfolgen. Für den Wechsel der Funktionalwährung ist ein sogenanntes qualifiziertes Quorum notwendig. Für den Umrechnungskurs ist auf den «aktuellen» Stichtag abzustellen.

Wesentliche ausländische Währung: britische Pfund (GBP), Euro (EUR), US-Dollar (USD), Yen (JPY)

Die Steuerlast auf Stufe Bund und Kantone / Gemeinden wird nach wie vor in Schweizer Franken (CHF) erhoben.

Umrechnung des steuerbaren Reingewinnes sowie des steuerbaren Eigenkapitals erfolgt zum Jahresmittelkurs (massgebend ist der durchschnittliche Devisenkurs [Verkauf] der Steuerperiode). Neu ist somit, dass das steuerbare Eigenkapital nicht mehr zum historischen Kurs umgerechnet, sondern zum Bilanzstichtagskurs.

Bei Kapitalgesellschaften mit einem Nominalkapital in einer für die Geschäftstätigkeit wesentlichen ausländischen Währung sind für Kapitaleinlagereserven (KER) in einer anderen als der wesentlichen ausländischen Währung sowohl die Einlagen als auch die Rückzahlungen (im Zeitpunkt der jeweiligen Fälligkeit) zum Tageskurs in die wesentliche ausländische Währung (= Währung des nominellen Kapitals gemäss Handelsregistereintrag) umzurechnen. Die Reserven aus KER werden dabei nur in der wesentlichen ausländischen Währung anerkannt und bestätigt (Kreisschreiben Nr. 29c der ESTV vom 23. Dezember 2022).

Zwischendividende / Gesetzliche Gewinnreserve

Die GV/Gesellschafterversammlung kann gestützt auf einen geprüften Zwischenabschluss die Ausrichtung einer Zwischendividende beschliessen. Sollte eine Gesellschaft das Opting-out gewählt haben, ist die Prüfung des Zwischenabschlusses nicht notwendig.

Die Ausschüttung einer ausserordentlichen Dividende ist immer noch möglich.

Nach wie vor sind die Bestimmungen zur Auszahlung von Dividenden zu beachten (zum Beispiel Zuweisung in die Reserven, genügend Liquidität). Allerdings besteht keine zweite Zuweisung wie unter dem alten Recht. Zuweisung von 5% des Jahresgewinns bis Kapital- und Gewinnreserve zusammen, wenn 50% des eingetragenen Aktien-/Stammkapitals (inklusive Partizipationskapital) erreichen (20% bei Holdinggesellschaften).

Grundsätzlich keine Änderung bei der Einkommens-, Gewinn- und Verrechnungssteuer.

Auch die Zwischendividende unterliegt der Verrechnungssteuer. Diese Zwischendividende muss einerseits bei der Gesellschaft im Jahresabschluss ausgewiesen werden und andererseits bei der Empfangenden-Partei gemäss Verrechnungssteuergesetz ordnungsgemäss als Ertrag verbucht werden.

Durchführung der Generalversammlung / Gesellschafterversammlung und Verwendung elektronischer Mittel

Ausländischer Tagungsort: Die GV / Gesellschafterversammlung kann im Ausland durchgeführt werden, wenn die Statuten dies vorsehen und der VR / Geschäftsführer in der Einberufung einen unabhängigen Stimmrechtsvertreter bezeichnet. Bei Gesellschaften, deren Aktien nicht an einer Börse kotiert sind, kann der VR auf die Bezeichnung eines unabhängigen Stimmrechtsvertreters verzichten, sofern alle Aktionäre damit einverstanden sind.

Virtuelle Generalversammlung / Gesellschafterversammlung: Eine GV kann mit elektronischen Mitteln ohne Tagungsort durchgeführt werden, wenn die Statuten dies vorsehen und der VR in der Einberufung einen unabhängigen Stimmrechtsvertreter bezeichnet. Bei Gesellschaften, deren Aktien nicht an einer Börse kotiert sind, können die Statuten vorsehen, dass auf die Bezeichnung eines unabhängigen Stimmrechtsvertreters verzichtet werden kann.

Des Weiteren können neu elektronische Mittel verwendet werden.

Bei einer virtuellen GV / Gesellschafterversammlung wie auch bei der Verwendung von elektronischen Mitteln muss sichergestellt sein, dass die Identität der Teilnehmenden feststeht, die Voten unmittelbar übertragen werden, jede teilnehmende Person Anträge stellen und sich an der Diskussion beteiligen kann und die Abstimmungsergebnisse nicht verfälscht wurden können.

Bei technischen Problemen muss die GV / Gesellschafterversammlung wiederholt werden.

Drohende Zahlungsunfähigkeit, Kapitalverlust und Überschuldung

(90-tägige Schonfrist bei Überschuldung / provisorische Nachlassstundung statt Konkursaufschub)

Der VR ist verpflichtet die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft stetig zu überwachen. Droht die Gesellschaft zahlungsunfähig zu werden, so ergreift der VR-Massnahmen zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit. Er trifft, soweit erforderlich, weitere Massnahmen zur Sanierung der Gesellschaft oder beantragt der GV solche, soweit sie in deren Zuständigkeit fallen. Er reicht nötigenfalls ein Gesuch um Nachlassstundung ein. Im Falle einer Überschuldung kann der VR die Benachrichtigung beim Gericht unterlassen, wenn Gesellschaftsgläubiger im Ausmass der Überschuldung im Rang hinter alle anderen Gläubiger zurücktreten und ihre Forderungen stunden, sofern der Rangrücktritt den geschuldeten Betrag und die Zinsforderungen während der Dauer der Überschuldung umfasst; oder solange begründete Aussicht besteht, dass die Überschuldung innert angemessener Frist, spätestens aber 90 Tage nach Vorliegen der geprüften Zwischenabschlüssen, behoben werden kann und dass die Forderungen der Gläubiger nicht zusätzlich gefährdet werden.

Im Falle einer drohenden Zahlungsunfähigkeit, Kapitalverlust und Überschuldung kann es sich lohnen die bestehenden sowie insbesondere künftige Rangrücktrittsvereinbarungen zu prüfen, ob diese dem neuen Recht entsprechen.

Was heisst dies für Sie?

Die Revision des Aktienrechts bietet vielversprechende rechtliche Mechanismen, welche den Gesellschaften eine Flexibilisierung sowie auch Erleichterung in ihrer Kapitalstruktur und der Durchführung der GV / Gesellschafterversammlung. Damit die Gesellschaften von den Neuerungen profitieren können, ist eine Anpassung der Statuten notwendig. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, dass die bestehenden Statuten wie auch allfällige Organisationsreglemente auf ihre Vereinbarkeit mit dem neuen Recht geprüft werden und falls notwendig entsprechend angepasst werden. 

Beitrag von Dominique Roggo und Caryl Neuenschwander