Auswirkungen der Corona-Krise auf die Verrechnungspreise

Weltweit sind zahlreiche Branchen von der aktuellen Pandemie betroffen. Dies wirft in verschiedenen Bereichen Fragen auf, auch im Zusammenhang mit der Besteuerung von Unternehmen, insbesondere im Bereich der Verrechnungspreise.

Konsequenzen für die verwendeten Vergleichszahlen

Die (internen oder externen) Vergleichszahlen, anhand derer die für konzerninterne grenzüberschreitende Beziehungen geltenden Fremdvergleichspreise bestimmt werden können, basieren auf den Daten der vergangenen Jahre (die aktuell verfügbaren, jüngsten Finanzdaten auf Grundlage der Datenbanken beziehen sich auf das Jahr 2018).

Können diese Daten jedoch in Krisenzeiten immer noch als angemessene Vergleichszahlen betrachtet werden oder bedarf es neuer wirtschaftlicher Analysen?

Die Unternehmen wurden mit einer Reihe aussergewöhnlicher Umstände konfrontiert, wie beispielsweise die vollständige oder teilweise Einstellung der Betriebsaktivitäten, die Einführung von Kostensenkungsmassnahmen, die Umsetzung der von den Behörden empfohlenen Massnahmen, staatliche Finanzhilfen, usw.

Zudem waren die Auswirkungen der weltweiten Pandemie von Land zu Land unterschiedlich gross. Ebenso stark unterschieden sich die Art und Dauer der von den Regierungen auferlegten Massnahmen.

Diese aussergewöhnlichen Umstände werfen die folgenden Fragen auf: 

  • Müssen die Vergleichszahlen an die derzeitige aussergewöhnliche Situation angepasst werden, wohl wissend, dass die Daten für das Jahr 2020 erst im Jahr 2021 verfügbar sein werden? Und wenn ja, in welchem Umfang?
  • Können die Finanzdaten für den Zeitraum 2020, welche als Vergleichszahlen für die kommenden Jahre herangezogen werden müssten, genutzt werden oder müssten sie angepasst werden?

Jeder Fall muss einzeln beurteilt werden. Die allfälligen Anpassungen müssen die wirtschaftliche Situation bestmöglich widerspiegeln, um mögliche Hinterfragungen durch die Steuerbehörden zu vermeiden.

Fakturierung zentraler Dienste («Management Fees»)

Aufgrund der Pandemie wurden Unternehmen für die Erbringung zentraler Dienstleistungen oder Stammhäuser von Unternehmensgruppen mitunter stark beansprucht, um die Krise zu bewältigen, oder aber sie wurden mit einer verringerten Geschäftsaktivität konfrontiert. Je nach Situation müssen die Konzerne die Modalitäten der Rechnungsstellung an ihre Tochterunternehmen überdenken. Denkbar wäre eine Senkung der fakturierten Preise, indem man beispielsweise die Marge auf die Kosten reduziert, Zahlungen aufschiebt oder auf eine Forderung verzichtet, falls sich dies als notwendig erweist.

Kann man zudem davon ausgehen, dass ein Tochterunternehmen, das im Jahr 2020 für eine bestimmte Zeit seine Aktivität einstellt und vorübergehend schliessen musste, von der Betriebsaktivität des Stammhauses profitierte? Hier stellt sich die Frage nach der Weiterbelastung der Kosten, welche im einzelnen Fall analysiert werden muss. So könnten die beiden folgenden Fälle eintreten: (1) Die Tochtergesellschaft hat nicht von den Dienstleistungen des Hauptsitzes profitiert und die Fakturierung der «Management Fees» könnte nach unten korrigiert werden, oder (2) die Tochtergesellschaft hat von der Stärkung und der im Stammhaus umgesetzten Strategie zum Erhalt der Betriebsaktivität trotz der Einstellung der ihrer eigenen Tätigkeiten profitiert. In diesem Fall könnte die Fakturierung der «Management Fees» fortgeführt oder sogar erhöht werden, je nach Kosten, welche im Stammhaus für die Aktivitäten anfallen. 

Konzerninterne Finanzierung

Der derzeitige Finanzierungsbedarf der Unternehmen ist in der Regel sehr hoch. Eine mögliche Lösung dafür könnte die Planung und Überprüfung der konzerninternen Finanzierungspolitik sein. Das konzerninterne Cash-Pooling ist ein wichtiges Instrument für das Cashflow-Management innerhalb eines Konzerns. Es besteht auch die Möglichkeit konzerninterner Darlehen oder der Ausgabe von Finanzgarantien zu gewähren.

Ein besonderes Augenmerk ist jedoch auf die angemessene Vergütung dieser konzerninternen Finanztransaktionen zu legen. Man muss die durch die Krise bedingte besondere Situation berücksichtigen, wobei zur Vermeidung einer Neubewertung der erhaltenen Finanzierung oder einer Beschränkung der Abzugsfähigkeit von Zinsen eine akzeptable Schuldenquote aufrechterhalten werden sollte.

Schlussendlich werfen sich in Zeiten von Corona verschiedene Problematiken in Bezug auf die Verrechnungspreise auf. Unternehmensgruppen wird daher nahegelegt, die Auswirkungen der Krise unter diesem Blickwinkel zu betrachten und entsprechende Massnahmen zu ergreifen. Dabei müssen eventuell die konzerninternen Verträge überprüft oder die Dokumentation betreffend die Verrechnungspreise geprüft und angepasst werden, mit dem Ziel die Risiken einer Hinterfragung durch die Steuerbehörden einzudämmen.

Beitrag von Nathalie Pellanda Gaud und Edith Carla Toko