Swiss Tax Alert - September 2018 - Eine bedeutende Reform für die Besteuerung der Unternehmen in der Schweiz

Am 28. September 2018 hat das Parlament die Steuervorlage 17 (SV17) genehmigt. Die vorgeschlagenen Massnahmen sollen die steuerliche und wirtschaftliche Position der Schweiz sowohl gegenüber internationalen Konzernen als auch gegenüber lokalen Unternehmen stärken.

Der Fokus der SV17 liegt auf der Abschaffung der kantonalen Steuerstatus (Holding-, Domizil- und gemischte Gesellschaften), da diese nicht mehr den internationalen Standards entsprechen. Gleichzeitig werden neue steuerpolitische Massnahmen eingeführt, welche den OECD-Normen entsprechen.  

Die vom Parlament verabschiedete neue Gesetzgebung könnte zu einem Referendum führen. Sofern dies der Fall wäre, würde eine allfällige Volksabstimmung im Mai 2019 stattfinden. Ohne Referendum könnten die erste Massnahmen bereits auf Anfang 2019 und der Hauptteil ab 2020 in Kraft treten.

Hauptmassnahmen der SV17 

Abschaffung der privilegierten Steuerregime

Bund: Nein

Kanton: Ja (obligatorisch)

Abschaffung der kantonalen Steuerregimes (Holding, Verwaltungsgesellschaft, gemischte Gesellschaft) sowie gewisser Besteuerungsmodalitäten auf Bundesebene (Swiss Finance Branches/company, Prinzipalgesellschaften). Die Privilegien stehen im Widerspruch zu den internationalen Besteuerungsgrundsätzen der OECD und die Schweiz hat sich gegenüber der OECD und der EU verpflichtet, ihre Besteuerungspolitik anzupassen.

« Patent Box »

Bund: Nein

Kanton: Ja (obligatorisch)

Die Kantone können den Erfolg aus Patenten und vergleichbaren Rechten (ergänzende Schutzzertifikate, Topographien, geschützte Pflanzensorten sowie nach dem Heilmittelgesetz geschützte Unterlagen) bis maximal 90% von der kantonalen Gewinnsteuer befreien.  

Zusätzliche Abzüge für Forschung und Entwicklung

Bund: Nein

Kanton: Ja (fakultativ)

Die Kantone können für Forschung und Entwicklung (F&E) zusätzliche Abzüge vorsehen, welche auf F&E im Inland ausgerichtet sind. Die Basis für den zusätzlichen Abzug von maximal 50% ist der direkt zurechenbare Personalaufwand für F&E zzgl. eines Zuschlags von 35% für den übrigen F&E-Aufwand oder 80% des Aufwands für durch Dritte im Inland erbrachte Auftragsforschung.

Abzug für Eigenfinanzierung

Bund: Nein

Kanton: Ja (begrenzt)

Kantone, in denen der kombinierte kantonale und kommunale Steuersatz des Kantonshauptortes mindestens 13,5% beträgt, können einen Abzug für Eigenfinanzierung einführen. Dieser soll auf dem überdurchschnittlichen Eigenkapital zur Anwendung gelangen. Der kalkulatorische Zins richtet sich dabei nach der Rendite für zehnjährige Bundesobligationen. Soweit das Eigenkapital auf Forderungen gegenüber Nahestehenden entfällt, besteht die Möglichkeit, einen dem Drittvergleich entsprechenden Zinssatz geltend zu machen.

Aufdeckung stiller Reserven

Bund: Ja

Kanton: Ja (obligatorisch)

Bei Beginn und Beendigung der Steuerpflicht in der Schweiz sollen die stillen Reserven in der Steuerbilanz systematisch aufgedeckt und auch steuerwirksam abgeschrieben werden können.

Bei der Abschaffung eines steuerprivilegierten Steuerregimes werden unter dem Regime gebildete stille Reserven steuerfrei aufgedeckt und mittels Verfügung der Steuerverwaltung festgestellt. In den Folgejahren werden diese stillen Reserven anlässlich ihrer Realisation mit einem je nach Kanton unterschiedlichen Sondersteuersatz besteuert.

Entlastungsbegrenzung

Bund: Nein

Kanton: Ja (obligatorisch)

Die gesamten steuerlichen Ermässigungen auf kantonaler Ebene aus Patentbox, zusätzlichen Abzügen für F&E und der systematischen Aufdeckung der stillen Reserven dürfen den steuerbaren Gewinn um nicht mehr als 70% reduzieren. Die Kantone können für einen tieferen Satz optieren.

Einführung von Regelungen zur Rückzahlung von Kapitaleinlagen und Teilliquidation für börsennotierte Unternehmen

Bund: Ja

Kanton: Ja (obligatorisch)

Kapital- und Genossenschaftsgesellschaften, die an einer Schweizer Börse kotiert sind, dürfen Reserven aus Kapitaleinlagen nur dann steuerfrei ausschütten, wenn sie steuerpflichtige Dividenden in gleicher Höhe ausschütten (Verhältnismässigkeitsprinzip). Andernfalls wäre die Ausschüttung bis zum gleichen Betrag steuerpflichtig, jedoch nicht mehr als die anderen handelsrechtlich ausschüttungsfähigen Rücklagen. Dieser Grundsatz gilt auch für die Ausgabe von Gratisaktien und für freie Nennwertzuwächse aus Kapitaleinlagen. Von dieser Regel ausgenommen sind:

  • Konzerninterne Vergütungen (Beteiligungsquote von 10%)
  • Reserven, die nach dem 31. Dezember 2010 im Rahmen eines Umzugs in die Schweiz in der Schweiz aufgebaut wurden (gilt auch für zukünftige Umzüge).

Bei Aktienrückkäufen von an einer Schweizer Börse kotierten Unternehmen hingegen muss mindestens die Hälfte der Finanzierung dieser Aktien aus Kapitaleinlagen erfolgen (Reglement über die direkte Teilliquidation).

Anpassungen bei der Kapitalsteuer

Bund: Nein

Kanton: Ja (fakultativ)

Die Kantone können die Steuer auf dem Kapital senken, welches  sich auf Beteiligungen, Patenten und vergleichbaren Rechten sowie gruppeninterne Darlehen bezieht.

Dividendenbesteuerung

                                         

Bund: Nein

Kanton: Ja (obligatorisch)

Diese Massnahme führt zu einer einheitlichen Dividendenbesteuerung für qualifizierte Beteiligungen von natürlichen Personen. Natürliche Personen sollen ihre Dividendeneinkünfte inskünftig zu 70% (Bund) bzw. zu mindestens 50% (Kantone) versteuern.

Anpassungen bei der Transponierung

Bund: Nein

Kanton: Ja (obligatorisch)

Mit dieser Massnahme wird eine Besteuerungslücke geschlossen, indem der Anwendungsbereich des steuerfreien Kapitalgewinns und damit indirekt auch die Auswirkungen des Kapitaleinlageprinzips eingeschränkt werden.

Ausdehnung der pauschalen Steueranrechnung

Bund: Nein

Kanton: Ja (obligatorisch)

Neu sollen auch schweizerische Betriebsstätten ausländischer Unternehmen Anspruch auf die pauschale Steueranrechnung haben.

Andere Massnahmen

Erhöhung des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer

Der Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer von zurzeit 17% soll auf 21,2% erhöht werden. Damit sollen die Steuerausfälle der Kantone geglättet und ihnen ein gewisser Handlungsspielraum bei der Senkung der Gewinnsteuersätze gewährt werden.

Berücksichtigung der Städte und Gemeinden

Die Kantone müssen die Städte und Gemeinden im Zusammenhang mit der Erhöhung des Kantonsanteils angemessen berücksichtigen.

Sozialausgleich durch AHV-Förderung

Die Reform sieht einen Sozialausgleich von 2 Milliarden Franken durch die AHV vor, welcher zu einer Erhöhung der Beiträge für Arbeitnehmer und Arbeitgeber um 0,15%, einer Erhöhung der Beteiligung des Bundes an der AHV von 19,55% auf 20,20% und einer Erhöhung der Mehrwertsteuer führen wird.

Senkung der Körperschaftssteuersätze in den Kantonen

Die meisten Kantone haben angekündigt ihre Gewinnsteuersätze zu senken. Beispiele ausgewählter Kantone: AG 18,61% => 18.17%, BE 21,64% => 16,37%, BS 22,17% => 13,04%, LU 12.,2% (keine Senkung), SH 15,97% => 12,09%, SZ 15,19% => 14,43%/12,51%, ZH 21,15% => 18,19%, ZG 14,51% => 12,03%.

Nächste Schritte

Ohne Referendum werden die ersten Massnahmen der SV 17 am 1. Januar 2019 und der Hauptteil im Jahr 2020 in Kraft treten. Im Falle eines Referendums wird das Schweizer Volk voraussichtlich am 19. Mai 2019 abstimmen.

Da das Inkrafttreten des neuen Gesetzes unmittelbar bevorsteht, rechtfertigt es sich für jede Unternehmung, sich jetzt mit dem Inhalt und den möglichen Konsequenzen der SV17 auseinanderzusetzen. Überlegungen können sich z.B. darauf beziehen, ob es zweckmässig ist, einen privilegierten Status vor dem Inkrafttreten des Gesetztes aufzugeben oder wie sich eine allfällige Umsetzung gewisser Massnahmen wie z.B. die Patent Box und/oder der zusätzliche Abzug für Forschung und Entwicklung, auf die Steuerposition der Unternehmung auswirken könnten. Unsere Spezialisten können Sie bei einer solchen Evaluation unterstützen.